Fundstücke
Unser 5. Death Café
war wieder gut besucht, und zuvor gab's ein Interview in der "Elbvertiefung"
"Wir haben erst zweimal Taschentücher gebraucht"
Eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel "Death Café" klingt auf den ersten Blick etwas makaber. Doch dabei handelt es sich um ein international erfolgreiches Format, bei dem man zwar über den Tod spricht, das aber in angenehmer Atmosphäre, wie Melanie Torney, eine der Mitorganisatorinnen, erzählt. Am Donnerstag findet im Rahmen der Hamburger Hospizwoche die fünfte Ausgabe statt, diesmal zum Thema "Favourite places to die – wo möchten wir Abschied nehmen?".
Elbvertiefung: Wie entstand das Death Café?
Melanie Torney: Bernard Crettaz hat 2004 in der Schweiz das "Café mortel" ins Leben gerufen, damit sich die Menschen über den Tod austauschen können. Der Brite John Underwood hat das in London veranstaltet und auch das Portal deathcafe.com aufgesetzt. Wir vier haben darüber gelesen und fanden das spannend, weil wir als Trauerrednerin, Künstlerin, die Urnen gestaltet, und als Designer für eine moderne Trauerkultur alle in diesem Bereich tätig sind.
EV: Wie viele Taschentücher sollte man mitnehmen?
Torney: Wir haben erst zweimal welche gebraucht! In Wirklichkeit sind die Treffen sehr beschwingt, es wird viel gelacht. Alle gehen sehr herzlich und rücksichtsvoll miteinander um, niemand fällt dem anderen ins Wort. Ein Außenstehender würde nie erraten, worüber gesprochen wird.
EV: Und alle sprechen übers Sterben?
Torney: Am Anfang gibt es eine kurze Anmoderation von Ute Arndt, die das als Trauerrednerin am besten kann. Wir sagen drei Sätze zum aktuellen Thema, aber das soll nur ein Einstieg für die Leute sein, keine Vorgabe. Die plaudern dann in ihren Grüppchen. Es gibt jedenfalls keine Vorträge und keine Podiumsdiskussion.
EV: Wer kommt ins Death Café?
Torney: Das ist ganz unterschiedlich. Wir weisen immer darauf hin, dass wir keine Trauergruppe sind. Für jemanden, der akut schlimm trauert, ist das nicht das Richtige. Die meisten beschäftigt das Thema einfach, manche wollen sich mit anderen austauschen, beispielsweise darüber, wie sie das Thema Sterben bei ihren Eltern ansprechen können.
EV: Wie sind die Besucher danach drauf?
Torney: Sehr beschwingt, auch erleichtert, dass so ein Austausch möglich war, weil das Thema in der Familie und im Freundeskreis oft tabuisiert wird. Viele finden das Format gut und kommen gern mal wieder. Das ist wohl auch das Geheimnis, wieso es weltweit funktioniert. Im englischsprachigen Raum gibt es gefühlt an jeder Gießkanne ein Death Café.
EV: Und wann haben Sie die Taschentücher gebraucht?
Torney: Bei der dritten Veranstaltung, die hieß "Time to die". Ein Gast hat vom Tod ihrer Schwester erzählt, das war damals sehr kernig.
Die Fragen stellte die "Zeit"-Redakteurin Sigrid Neudecker, und das Ganze erschien in der "Elbvertiefung" vom 17. Oktober 2017. Vielen Dank.
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