Trauergruppe

Fundstücke

Trauer. Arbeit. Wie viel Arbeit braucht das Leben?

 

Wieder verständlich, klug und auf den Punkt gebracht hat Chris Paul, meine Ausbilderin und Trauerbegleiterin, die Fragen beantwortet: 

Wie viel Arbeit braucht das Leben? Ist Trauern während der Arbeit möglich? Wie leben es die Menschen bei uns?

 

 

Cris Pauls Beitrag erschien im neuen LeidFaden Heft 3. Ich zitiere einige ihrer Bemerkungen.

 

"Trauer-Arbeit ist vom Wesen her etwas ganz anderes als Erwerbs- oder Familienarbeit. Ihre Erfolge sind weniger klar zu erkennen und allzu oft nur von kurzer Dauer. Dem linearen Arbeitsprozess steht der eher spiralförmig, oft zirkulär anmutende Trauerprozess gegenüber. Trauer-Arbeit windet sich in Schleifen und Kehrtwendungen einem kaum formulierbaren Ziel entgegen. Ihr fehlt die als wohltuend erlebte Grundstruktur des Arbeitsalltags. Sie bringt uns nur selten in Kontakt mit anderen.

 

Erfolgserlebnisse sind in der Trauer-Arbeit selten, und an die Stelle eines Erlebens von Selbstwirksamkeit tritt bei Trauernden die Selbstwahrnehmung, ausgeliefert und ohnmächtig zu sein. Sinn ist etwas, das in der Trauer-Arbeit mühsam gesucht wird, und schließlich leistet die eigene Trauer keinen Beitrag zum Familieneinkommen. 

 

(...)

 

William Worden hat als Erster Trauer-Aufgaben formuliert, die den scheinbaren Umwegen des Trauerns eine von außen erkennbare Richtung und Farbe geben. Trauer-Arbeit wird so zu etwas Durchschaubarem.

 

Worden nennt zudem Teilziele, an denen aktiv gearbeitet werden kann – wie an einem Projekt:

  • Den Tod als tatsächlich und endgültig begreifen,
  • Gefühle spüren und ausdrücken,
  • den Veränderungen des eigenen Lebens in allen Facetten nachspüren und neue Wege darin gehen
  • sowie eine neue Beziehung mit den Verstorbenen etablieren. Viele Trauernde nehmen dieses Modell dankbar auf – es gibt ihnen Handlungsmöglichkeiten zurück. 

 

(...)

 

Wo findet Trauer-Arbeit ihren Platz? Lässt sie sich komplett in den Teil des Lebens verschieben, der nicht mit Erwerbsarbeit zu tun hat? Reicht dieses Zeitfenster, und lassen sich Arbeit und Privates wirklich so klar voneinander abgrenzen?

 

Das verneinen diejenigen Arbeitnehmer, die durch ihr Fernbleiben vom Arbeitsplazt dokumentieren, dass sie für die bisher erbrachte Arbeitsleistung keine Kraft mehr haben. Ihre Energie wird vollständig von der Auseinandersetzung mit ihren Trauer-Aufgaben in Anspruch genommen. Sie kehren aber dann zurück an ihren Arbeitsplatz oder an ihre Stelle in der Familienversorgung, wenn ihnen die Gleichzeitigkeit von Trauerarbeit und Erwerbsarbeit wieder möglich ist. 

 

Andere bemühen sich von Anfang an mit diesem Balanceakt, zwei existenzielle „Arbeiten“ zugleich leisten zu müssen. Eine dritte Gruppe von Trauernden nutzt die Arbeitsroutine, um sich zu stabilisieren. Die gewohnten Abläufe, der erarbeitete Status und die lösbaren Arbeitsaufgaben stehen für sie in wohltuendem Widerspruch zu der als chaotisch empfundenen Trauer. Erwerbsarbeit kann so zu einem unerwarteten Stabilisierungsfaktor im Trauerprozess werden."

 

 

Ihr Lesetipp:

J. Heckhausen: „Motivation und Handeln“, Berlin 2006, und natürlich:

 

W. Worden: „Beratung und Therapie in Trauerfällen“, 4. Erweiterte Aufgabe Bern 2011. 

 

 

 

Den ganzen Artikel lesen Sie im LeidFaden Heft 3/2012 auf den Seiten 5 und 6. 

 

Für alle, die am Thema interessiert sind – ob Fachpublikum oder Wissensdurstige –, ist der LeidFaden sehr zu empfehlen. 

 

www.vr-leidfaden.de