Fundstücke
Der Mangel an Mangel
Gedanken des Architekten Rem Koolhaas zu unserer Herkunft
In einem SZ-Magazin-Interview in der Ausgabe Mai 2018 erzählt der Architekt von seinem Gewordensein und teilt ein paar seiner Ansichten mit uns.
Rem Koolhaas:
Ich empfinde es als Segen, einer Generation anzugehören, die Hunger erlebt hat. Als ich 1944 geboren wurde, lag meine Heimatstadt Rotterdam zur Hälfte in Schutt und Asche, und meine Eltern lebten in bitterer Armut.
Die Reifen ihrer Fahrräder waren aus Holz statt aus Gummi. Meine kindliche Vorstellung von Luxus war entsprechend bescheiden, und das ist bis heute so geblieben.
Zu meinen größten Vergnügungen gehört es, öffentliche Schwimmbäder zu besuchen, was keine teure Angelegenheit ist. Im empfinde es als Privileg, aufgrund meiner Herkunft den Unterschied zwischen einem Bedürfnis und einem Wunsch zu kennen.
Mentale Stärke ensteht auch dadurch, dass man sich von Überflüssigem fernhält. Der Mangel an Mangel, der heute herrscht, macht Menschen zu flatterhaften, reizsüchtigen Wesen, die vor lauter Wunscherfüllungsversuchen zu nichts Substanziellem kommen.
(...)
Sven Michaelsen:
Was mögen Sie an öffentlichen Schwimmbädern?
Rem Koolhaas:
Sie gehören zu den wenigen Orten, an denen sich Karl Marx' Utopie der klassenlosen Gesellschaft verwirklicht hat. Es gibt keine Standesgrenzen, jeder Neuling ist sofort integriert. Schwimmbäder zu besuchen ist gelebte Soziologie.
(...)
Sven Michaelsen:
Angenommen, Sie hätten noch 24 Stunden zu leben. In welchem Ihrer Bauten würden Sie die verbringen?
Rem Koolhaas:
Ich habe eine Hütte auf einer Insel zwischen Sardinien und Korsika. Dort bin ich jeden zweiten Monat für zehn Tage. In ihr würde ich mein Leben aushauchen wollen.
Sven Michaelsen:
Verwenden Sie das Wort Hütte als Unterstatement für eine Villa mit ...
Rem Koolhaas:
Wenn ich Hütte sage, meine ich Hütte. Es gibt eine Tür und ein Fenster.
Rem Koolhaas ist Gründer des Architektur-Kollektivs Office for Metropolitan Architecture (OMA) und Professor in Harvard. Er wurde 1944 in Rotterdam geboren.
Quelle:
Interview von Sven Michaelsen mit Rem Koolhaas im Magazin der Süddeutschen Zeitung Nr. 20 vom 18. Mai 2018, Seite 10 bis 16.
Rem Koolhaas:
Ich empfinde es als Segen, einer Generation anzugehören, die Hunger erlebt hat. Als ich 1944 geboren wurde, lag meine Heimatstadt Rotterdam zur Hälfte in Schutt und Asche, und meine Eltern lebten in bitterer Armut.
Die Reifen ihrer Fahrräder waren aus Holz statt aus Gummi. Meine kindliche Vorstellung von Luxus war entsprechend bescheiden, und das ist bis heute so geblieben.
Zu meinen größten Vergnügungen gehört es, öffentliche Schwimmbäder zu besuchen, was keine teure Angelegenheit ist. Im empfinde es als Privileg, aufgrund meiner Herkunft den Unterschied zwischen einem Bedürfnis und einem Wunsch zu kennen.
Mentale Stärke ensteht auch dadurch, dass man sich von Überflüssigem fernhält. Der Mangel an Mangel, der heute herrscht, macht Menschen zu flatterhaften, reizsüchtigen Wesen, die vor lauter Wunscherfüllungsversuchen zu nichts Substanziellem kommen.
(...)
Sven Michaelsen:
Was mögen Sie an öffentlichen Schwimmbädern?
Rem Koolhaas:
Sie gehören zu den wenigen Orten, an denen sich Karl Marx' Utopie der klassenlosen Gesellschaft verwirklicht hat. Es gibt keine Standesgrenzen, jeder Neuling ist sofort integriert. Schwimmbäder zu besuchen ist gelebte Soziologie.
(...)
Sven Michaelsen:
Angenommen, Sie hätten noch 24 Stunden zu leben. In welchem Ihrer Bauten würden Sie die verbringen?
Rem Koolhaas:
Ich habe eine Hütte auf einer Insel zwischen Sardinien und Korsika. Dort bin ich jeden zweiten Monat für zehn Tage. In ihr würde ich mein Leben aushauchen wollen.
Sven Michaelsen:
Verwenden Sie das Wort Hütte als Unterstatement für eine Villa mit ...
Rem Koolhaas:
Wenn ich Hütte sage, meine ich Hütte. Es gibt eine Tür und ein Fenster.
Rem Koolhaas ist Gründer des Architektur-Kollektivs Office for Metropolitan Architecture (OMA) und Professor in Harvard. Er wurde 1944 in Rotterdam geboren.
Quelle:
Interview von Sven Michaelsen mit Rem Koolhaas im Magazin der Süddeutschen Zeitung Nr. 20 vom 18. Mai 2018, Seite 10 bis 16.